Irgendwann muss Heinrich irgendwo weggelaufen sein. Von da an lebte Heinrich frei, hoppelte monatelang durch die Gärten, knabberte an Blumen und Gemüse.
Manche fanden Heinrichs Anwesenheit und das Zusammenleben mit dem freien Riesenkaninchen nett. Andere nicht. Heinrich sollte weg. Weil Heinrich „Schäden anrichtete“, kamen sogar ein paar Menschen auf die Idee, dass Heinrich deshalb sterben sollte.
Heinrich hatte so viel Glück im Leben, Flucht, monatelang auf sich allein gestellt zu überleben, ohne von einem Fuchs getötet zu werden. Heinrichs Glück musste weitergehen an einem Ort, wo ein Kaninchen ein echtes Kaninchenleben führen kann. Und so wurde Heinrich eingefangen und zog im Mai 2019 ins Land der Tiere.
„Der Schlachthase“ war kein Er, wie sich beim Einzug herausstellte, sondern eine ältere Kaninchendame. Und sehr, sehr nett. Abgesehen davon, dass sie keine anderen starken Frauen neben sich duldete. Frau Heinrich zog in eine gemischte Kaninchengruppe ein und wurde Chefin. Geliebte Chefin so einiger Kaninchenherren.
Im Laufe der Jahre musste sie viele Abschiede verschmerzen. Am Ende fand sich immer wieder ein Herr, der sie tröstete. Putzte. Bekuschelte. Auch als es vor langer Zeit schon anfing, dass es ihr körperlich nicht mehr richtig gut ging. Ihr großer Körper litt unter Rückenproblemen. Das hielt Frau Heinrich nicht davon ab, draußen herumzulaufen und ihr freies Leben zu genießen. Mit ihrem aktuellen Lieblingsherrn unter einem Baum zu liegen und sich bekuscheln und putzen zu lassen. Lange war es der große Emil. Zuletzt tat es der winzige Zwerg Poppins. Ausgiebig und voller Verbundenheit.
Frau Heinrichs Körper ließ mehr und mehr nach. Wurde anfälliger. Zu allem dazu kam eine hartnäckige Ohrenentzündung. Als die auf einem guten Weg der Heilung war, ging es ihr trotzdem schlechter, sie baute ab. Am Ende blieb uns keine Chance mehr, die alte Frau Heinrich noch einmal zu retten.
Adieu, Frau Heinrich.