Liebevolle Erinnerungen
An dieser Stelle möchten wir unserer ehemaligen Mitbewohnerinnen und Mitbewohner gedenken. Danke, dass wir euch ein Stück eures Weges begleiten durften. Wir werden die Erinnerung an euch immer in unseren Herzen tragen.
Frau Lehmann
Abschied von Frau Lehmann. Unmittelbar vor den Tag, der ihr zweiter Rettungstag gewesen wäre.
Eier. Eier legen, dafür wurde sie gezüchtet. Dafür sollte sie nach einem Jahr des Legens geschlachtet werden: weil sie körperlich am Ende ihrer Kräfte war vom vielen Eierlegen. „Ganz normal“. Wird einfach so hingenommen, dass Jahr für Jahr viele Millionen „Legehennen“ wie sie verbraucht werden, leiden, sterben.
Jolanda
Keine 4 Monate alt sollte Jolanda werden. Jetzt hat sie über 4 Jahre daraus gemacht.
Jolanda entdeckte vor vier Jahren jemand in einer Putenmastanlage. Die Masthalle war voller Putenhähne, dazwischen zwei viel kleinere weibliche Puten, versehentlich dort. Nach dem Schlüpfen „falsch gesext“, das kommt vor. Normalerweise werden weibliche und männliche Puten hierzulande getrennt geschlechtlich gemästet, wegen der unterschiedlichen Gewichtsentwicklungen und unterschiedlicher „Mastdauer“.
Bärt
Wir waren uns sicher: wir leben noch mindestens 10 Jahre zusammen. Und die Brüder Bärt und Ärnie können miteinander alt werden.
Als Ärnie vor einigen Monaten so furchtbar krank wurde, war Bärt, sein großer, starker Bruder, derjenige, der immer an seiner Seite war. Ärnie war monatelang sehr krank, hoffnungslos eigentlich. Und überlebte entgegen aller Prognosen. Wurde wieder gesund.
Bärt wurde im März 2020 im Land der Tiere geboren, das Leben seines Bruders Ärnie stand schon da einmal auf der Kippe. Ihre Mutter Bärta retteten wir schwanger – ohne davon zu wissen – aus dem, was man „Messi-Haltung“ nennt: ein Haufen Müll und Matsch, dazwischen viele Tiere, „betreut“ von Menschen, denen längst alles entglitten war, sofern sie überhaupt jemals etwas im Griff hatten. Den Tieren ging es übel. Eine davon: Bärta, Bärts Mutter, die immer „Nutztier“ war. Lämmer bekommen musste, Lämmer die ihr weggenommen und geschlachtet wurden, sie lebte als „Milchziege“, musste „Milch geben“ für Menschen. Eine Mutter, die immer unterm Existenzminimum klarkommen musste. Nie ungestörtes Familienleben hatte. Deren Leben geprägt war von Gewalt, Entbehrung, Vernachlässigung.
Mausi
Es war so etwas wie „Liebe auf den ersten Blick“.
„Mausi wird ihren Platz bei uns haben“, das war vor einigen Monaten die Antwort auf die Anfrage eines Pferdehofes nach der Aufnahme mehrerer Tiere von dort. Der Pferdehof-„Streichelzoo“ sollte aufgelöst werden, nachdem es Ärger mit dem Veterinäramt gegeben hatte. Mausi fand ihren Platz im Land der Tiere. Und es war so etwas wie „Liebe auf den ersten Blick“.
Gesa
Als wir Gesa vor sechs Jahren kennenlernten, saß sie in der „Küchenvoliere“ eines Tierparks, wo „vom Aussterben bedrohte Nutztierrassen“ gehalten und gezüchtet werden. Nicht um ihrer selbst wegen, sondern „natürlich“ als „Nutztiere“. In die Küchenvoliere wurden die Vögel aussortiert, die aufgrund von „Farbfehlern“, die dem „Rassestandard“ widersprachen oder wegen anderen Besonderheiten als „nicht erhaltenswert“ galten. Gesa saß zwischen unzähligen andern Aussortierten, auf die nur Eins wartete: die Schlachtung und Verarbeitung im Tierpark, wo sie dann auf der Speisekarte der tierlieben Gäste gelandet wäre.
Abschied von Archie Ostermann
Eine alte Kaninchenregel besagt: gibt es zwei Tage in Folge ein Leckerli aus Menschenhand angereicht, ist damit ein Ritual geschaffen, dass niemals wieder gebrochen werden darf. Und wer sind wir, die alte Kaninchenweisheiten in Frage stellen würden?
Was wegen einer akuten Behandlung begann, wurde also bei Herr und Frau Ostermann und ihren Söhnen Teil der festen Morgenroutine: nach dem Frühstück noch ein kleines Leinküchlein abholen und dann ab auf die Wiese. Nur Archie Ostermann sah das anders und blieb sitzen. Das menschliche Putzpersonal fing an den Stall zu fegen, Archie saß meist oben auf der Kaninchenbude und beobachtete das Treiben, wartend… Und ab da hieß es: durchhalten! Vorsichtig um Archie herum putzen, bloß keinen Augenkontakt herstellen, denn sein hellwacher, entschiedener Blick ließ wenig Verhandlungsspielraum.
Seine energisch tapsenden Vorderpfötchen und zarten Nasenstupser, seine frechen Blicke und seine Hartnäckigkeit werden ab nun fehlen, denn vor einigen Tagen hat Archie sein letztes Leinküchlein gegessen und kam schon nicht mehr, um für ein zweites oder drittes anzustehen.
Abschied von Melone
Eigentlich leben Perlhühner in Afrika, als freie, wilde Vögel – und dort begann auch ihre heutige Nutzung und Zucht als „Fleischlieferanten“. Es entstanden „Mastperlhühner“, viel schwerer als ihre wilden Vorfahren, manche so schwer, dass sie nicht einmal mehr fliegen können wie echte Perlhühner.
Abschied von Pogo
Wo Leben ist, ist auch der Tod. Und wer einzieht, stirbt in aller Regel auch hier. Bestenfalls nach einem langen, aber vor allem glücklichen Leben.
Pogo wurde in einem privaten Maststall geboren, in einer versifften Kaninchenbucht, wo es keinen Platz zum Leben gab. Leben, das war eh nicht vorgesehen für einen wie ihn. Kaninchen wie Pogo erwartet „normalerweise“ ein kurzes Leben hinter Gittern, ein paar Monate bis zu „Schlachtreife“.
Abschied von Lama
Es hätte der Beginn ihres neuen Lebens sein sollen. Aber es war einfach zu spät.
Ihre Mastitis konnten wir behandeln. Den Befall mit Lungen- und Magen-Darm-Würmern stoppen. Ihre Füße behandeln. Aber nicht mehr die Ursache beheben, die ihren ganzen Körper unter Wasseransammlungen setzte. Wir hatten keine Chance, Lama zu retten. Lama, die doch grade erst eingezogen war.
Abschied von Ramona
Wie oft haben wir seine Geschichte erzählt. Erklärt, warum der alte Herr Ramona heißt. Dass kein anderer Name besser zu ihm gepasst hätte als eben „Ramona“. Das merkten alle, die ihm begegnet sind. Ramona, Typ „ganz zartes Wölkchen“.
Abschied von Neuneinhalbgramm
Als wir im April 2023 morgens bei kalten 7 Grad ein frisch geschlüpftes Schildkrötenbaby fanden, war es ein Schockmoment. Ein bisschen Katastrophe, ein bisschen „Sensation“ und jede Menge Glück, dass es lebte. Es war ganz frisch aus dem Ei gepellt, der Nabel war noch ganz frisch, eigentlich hat nur noch ein kleines Restchen Eierschale auf dem winzigen Kopf des Winzlings gefehlt. Er war äußerlich leicht verletzt, konnte die Augen nicht öffnen. Nach einer Überwinterung im Ei nicht unbedingt verwunderlich, aber Grund zur Besorgnis. Wahrscheinlich war das Baby, grade aus dem Ei geschlüpft, von Elstern oder anderen Vögeln geschnappt und auf dem Weg „abgeworfen“ worden.
Abschied von Bruhuhni
Sie war eine der drei Bruhnhilden, die letzten Sommer als Notfall ins Land der Tiere kamen. Ihr Halter, der die Hühner sehr liebte und umsorgte, konnte sich nicht mehr um sie kümmern. Die „Lösung“ seiner Frau: töten. Einfach, weil sie sich nicht kümmern wollte. Zum Glück fanden die Schwiegertochter und Enkel, dass das überhaupt keine Lösung ist und brachten die Hühner in das Land der Tiere – und retteten ihnen so das Leben.
Abschied von Maiella
Ein bisschen mehr als ein Jahr größtmögliche Freiheit hatte sie. Maiella, gerettet aus einem Bodenhaltungsbetrieb für „Elterntiere“. Maiella, die über hundertmal in ihrem Leben Mutter wurde und keines ihrer Kinder je kennenlernen konnte, weil sie von Menschen künstlich als „Legehennen“ ausgebrütet wurden. Maiella, die zusammen mit ihren Freundinnen Maike und Maianne am Muttertag 2023 ins Land der Tiere einzog, wo sie endlich einfach für sich leben konnte.