Es war so etwas wie „Liebe auf den ersten Blick“.
„Mausi wird ihren Platz bei uns haben“, das war vor einigen Monaten die Antwort auf die Anfrage eines Pferdehofes nach der Aufnahme mehrerer Tiere von dort. Der Pferdehof-„Streichelzoo“ sollte aufgelöst werden, nachdem es Ärger mit dem Veterinäramt gegeben hatte. Mausi fand ihren Platz im Land der Tiere. Und es war so etwas wie „Liebe auf den ersten Blick“.
Schon vor Mausis Einzug war klar, dass das einzige, was wir an ihrer Aufnahme bereuen würden die Tatsache war, sie nicht viel früher kennengelernt zu haben. Sie kam als uraltes, unfassbar liebes, vertrauensvolles Schäfchen in sehr vagem Gesundheitszustand. Klapperdünn, von Parasiten geschädigt, mit Kehlkopf- und Lungenentzündung. Wahrscheinlich war das nur ein Bruchteil ihrer Erkrankungen und körperlichen Baustellen, das Offensichtliche.
Mausi war eine sehr geduldige Patientin. Vielleicht auch aufgrund der Tatsache, dass es etwas in Mausis Leben gab, was ihr fast das Wichtigste war: menschliche Gesellschaft. Und Kekse, Kuscheln, zusammen Spazierengehen. Auch als sie endlich soweit „stabil“ war, dass sie ihr Krankenlager verlassen und zu den anderen Schafen umziehen konnte, blieb Mausi sich treu. Es interessierte sie nicht sonderlich, wo die anderen Schafe hin spazierten. Es interessierte sie, wo der nächste Mensch unterwegs sein könnte. Längst nicht nur wegen der Kekse.
Mausi hat unbekannt lange Zeit als Einzelschaf gelebt, bevor sie ins Land der Tiere einzog. Und in ihrem langen Leben offenbar gute Menschenkontakte gepflegt. Was dann irgendwann schiefging, wahrscheinlich werden wir es nie erfahren.
Erfahren haben wir ihr Vertrauen, ihre Geduld, ihre Anhänglichkeit, ihre Gewitztheit, hinter irgendeinem Busch zu warten, bis ein Mensch die Wege längskommt. Jemand, mit dem sie dann einfach mitging. Niemand kam ohne Extra-Mausi-Streicheleinheit vorbei, das war unmöglich. Und tatsächlich haben wir uns manchmal gefragt, ob sie nicht bei den Schafen wieder ausziehen und in eine unserer Betriebswohnungen einziehen sollte.
Wenn die Zeit gereicht hätte, vielleicht wäre es so gekommen.
Mausi starb, wie es zu ihr passte: Mit Streicheleinheiten und einem letzten Extra-Keks, nachdem ihr Körper innerhalb weniger Tage noch weiter abgebaut hatte und wir nichts mehr tun konnten, als bei ihr zu sein.
Adieu, Mausi.