Wir waren uns sicher: wir leben noch mindestens 10 Jahre zusammen. Und die Brüder Bärt und Ärnie können miteinander alt werden, wenn Ärnie nichts passiert.
Als Ärnie vor einigen Monaten so furchtbar krank wurde, war Bärt, sein „großer, starker Bruder“, derjenige, der immer an seiner Seite war. Ärnie war monatelang sehr krank, hoffnungslos eigentlich. Und überlebte entgegen aller Prognosen. Wurde wieder gesund.
Die Jungs wurden im März 2020 im Land der Tiere geboren, das Leben von Bärts Bruders Ärnie stand schon da einmal auf der Kippe. Ihre Mutter Bärta retteten wir schwanger – ohne davon zu wissen – aus dem, was man „Messi-Haltung“ nennt: ein Haufen Müll und Matsch, dazwischen viele Tiere, „betreut“ von Menschen, denen längst alles entglitten war, sofern sie überhaupt jemals etwas im Griff hatten. Den Tieren ging es übel. Eine davon: Bärta, Bärts Mutter, die immer „Nutztier“ war. Lämmer bekommen musste, Lämmer die ihr weggenommen und geschlachtet wurden, sie lebte als „Milchziege“, musste „Milch geben“ für Menschen. Eine Mutter, die immer unterm Existenzminimum klarkommen musste. Nie ungestörtes Familienleben hatte. Deren Leben geprägt war von Gewalt, Entbehrung, Vernachlässigung.
Bärta wurde ihren Jungs eine wundervolle Mutter. Ihre Geduld mit den beiden Quatschmachern war unendlich. Denn natürlich haben die beiden vor allem das getan, was junge Ziegen eben machen: zusammen herumzuspringen, „Dinge zu erfinden“ und sich absolut auf Mamas gute und liebevolle Aufsicht verlassen zu können, hat aus Ärnie und Bärt zwei fantastische Jungs werden lassen. Beide so ganz verschieden und trotzdem „Eins“. Ihre Wege trennten sich nie. Und auch die Beziehung zu ihrer Mutter wurde beim Erwachsenwerden nicht loser. Eher noch enger.
Bärt war immer der starke, große Bruder. So ein Typ, bei dem niemand daran denkt, dass ihn irgendetwas umhauen könnte. Ganz im Gegensatz zu seinem zarten Bruder, der jetzt schon mehrfach beinahe gestorben wäre, dem man seine Zerbrechlichkeit sozusagen immer schon ansah. Vor allem, wenn er neben dem kernigen Bärt stand. Oder beide zusammen ihren liebevollen Quatsch machten.
Uns wäre nie in den Sinn gekommen, dass Ärnie derjenige sein würde, der seinen Bruder überlebt. Als Bärt vor ein paar Tagen nicht so ganz auf der Höhe war, dachten wir an nichts Dramatisches. Der herbeigerufene Tierarzt und wir waren zuversichtlich, dass Bärt bald wieder fit sein würde. Aber Bärts Zustand verschlechterte sich, so dass wir mit ihm in die Tierklinik fuhren. Immer noch voller Zuversicht. Nicht mit der Angst, dass Ärnie seinen Bruder nie wiedersehen würde.
Bärt starb kurz darauf in der Tierklinik.
Adieu, Bärt.