Bärta lebte früher als „Milchziege“. Gebar, ihre Kinder wurden geschlachtet, sie wurde gemolken, sie gebar, wurde gemolken, die Kinder geschlachtet oder wenn es Töchter waren, als „Milchziegennachschub“ benutzt. Wir wissen nicht, wie oft und lange Bärta das ertragen musste.
Bärta kam vor sechs Jahren aus einem Tierschutzfall in der Nachbarschaft zu uns. Sehr viele sehr schlecht versorgte Tiere unter schlimmsten Bedingungen bei Menschen, die mit allem überfordert waren und nicht einmal Geld für einen Ballen Heu hatten – oder ausgeben wollten. Und auch nicht sahen, wie schlecht es den Tieren ging. Wir retteten ziemlich spontan die, die wir mitnehmen konnten, denen wir einen sicheren Ort zum Leben versprechen konnten, fast 20 Tiere, Ziegen, Kaninchen, Enten. Übrig blieben viele Ziegen, die räumte dann am Ende das Veterinäramt vom Hof.
Bärta konnten wir weitere ungewisse Wege ersparen. Und wir haben uns nie dafür interessiert, wo sie geboren wurde oder ursprünglich herkommt – benutzt wurde, bevor sie in dieser Messi-Haltung landete. Bis zur Ankunft unseres Lost Place-Findlings, Johannes von Jessenitz. Natürlich forschten wir nach seiner Herkunft. Er wurde auf einem „Bio-Milchziegenbetrieb“ ziemlich weit weg geboren, dann wahrscheinlich als Lamm an wen auch immer verkauft – Genaues war anhand seiner Ohrmarken bzw. „Züchterin“ nicht herauszufinden. Weder sein Geburtstag, noch seine Wege, noch „wem er zuletzt gehörte“.
Wahrscheinlich ganz gut so, außer für die somit fehlende Erkenntnis, was er hinter sich hat. Was uns extrem irritierte, als wir ihn genauer anschauten: eine seiner Ohrmarken. Wir kannten diese Nummer! Von Bärta! Nochmal nachgeschaut. Und nochmal. Konnte das sein?
Die Betriebsnummer von Johannes „Geburtsort“ in seinem Ohr ist identisch mit der auf der alten Ohrmarke von Bärta. Sie kommt also auch ursprünglich daher, wo Johannes geboren wurde. Die Wahrscheinlichkeit für so einen „Zufall“ ist wie hoch??
Gemeinsame Wurzeln, vielleicht ist Bärta seine Ur-Ur-Uroma. Und offenbar musste es sein, dass sie sich treffen – an einem Ort, wo es keine „Nutztiere“ gibt, sondern Tiere mit Geschichte und Gefühlen, Tiere mit Familie, Tiere mit Freundschaften – und unzerstörbarer Verbindung für immer. Wo niemand Angst um sein Leben haben muss: Weil es an ihrem Lebensort keine Menschen gibt, denen der Konsum von Ziegenmilchprodukten wichtiger wäre als ein Leben.
19. November 2025



