Irgendwann an einem Sonntag im September 2016 stand dann eine kleine Holzhütte vorm Tor. Von dem Auto, welches sie „anlieferte“, sahen wir noch die Rücklichter. Es war der Sonntag, an dem Linus seinen Ort zum Leben im Land der Tiere fand, denn in der abgestellten Hütte hockten zwei Kaninchen: Linus und seine Freundin Lilli.

Für die beiden ausgesetzten Kaninchen wahrscheinlich das Beste, was ihnen passieren konnte. Ob sie vorher jemals etwas außer den vier furchtbaren engen Wänden einer Holzhütte kennengelernt hatten, in der sie sich weder richtig ausstrecken, noch aufrichten noch überhaupt irgendetwas tun konnten außer herumsitzen? Wie lange ihr Leben so war? Sie tauschten es gegen eins mit allem, was zu einem Kaninchenleben dazu gehört: Hoppeln, Rennen, Buddeln, Mümmeln, Chillen, Kuscheln. So frei und entspannt wie möglich und natürlich als Freilaufkaninchen.

Linus und seine Freundin pflegten eine unglaublich enge Beziehung. Verbrachten alle Zeit miteinander, viel davon mit Kuscheln und gegenseitigem Putzen. Vier Jahre lebten sie noch zu zweit miteinander, und wie tief ihre Beziehung war und wie liebevoll Linus, wussten wir spätestens, als Lilli beim Älterwerden körperlich abbaute. Über Monate hinweg kümmerte sich Linus um sie, die nicht mehr sehr mobil war. Als ihr Rücken nicht einmal mehr zuließ, dass sie entspannt sitzen konnte, war Linus wortwörtlich ihre Stütze. Legte sich so neben sie, dass sie nicht hinfiel, essen konnte, es bequem hatte. Statt herumzuhoppeln war er dort, wo er sein wollte: an ihrer Seite.

Was für Linus der Tod seiner Freundin bedeutete, konnten wir nur ahnen. Irgendwie verlor er sein Ziel. Er und Lilli hatten sich trotz diverser Vergesellschaftungsversuche all die Jahre gegen das Zusammenleben mit anderen Kaninchen ausgesprochen. Vielleicht, weil sie sich selbst genug waren. Nach Lillis Tod war dann alles anders. Linus wurde „Gruppenkaninchen“. Seine ersten neuen Freundinnen und Freunde teilten alle dasselbe Schicksal: Sie waren alleine, weil zuvor das Kaninchen starb, mit dem sie zusammenlebten. Alle waren bis dahin „unverträglich“. Aus Linus und den anderen Witwern und Witwen wurde eine wundervolle Truppe: ein einziger großer Kuschelhaufen.

Von diesen bleib ein Kaninchen bis zu seinem letzten Tag als bester Freund an seiner Seite. Auch als Linus immer dementer wurde. Kranker wurde. Körperlich abbaute. Linus ertrug alle Behandlungen. Monatelang hat niemand die Hoffnung aufgegeben, weil Linus sich nicht aufgab und trotz allem sein Leben genoss, aber seine schlechten Phasen wurden länger, die guten Zeiten dazwischen kürzer. Linus hat in den vergangenen Wochen merklich abgebaut. Sein Alter, seine Krankheiten, irgendwann musste es so weit sein, dass niemand ihm mehr würde helfen können. Auch nicht sein kleiner Freund Alf, der bei ihm war und ihn bekuschelte an seinem letzten Tag.

Adieu, Linus.

Schwein Pauline im Land der Tiere, einem Lebenshof für ehemalige "Nutztiere" in Mecklenburg-Vorpommern, idyllisch gelegen im Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe zwischen Hamburg und Berlin

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Hündin Nica im Land der Tiere, einem Lebenshof für ehemalige "Nutztiere" in Mecklenburg-Vorpommern, idyllisch gelegen im Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe zwischen Hamburg und Berlin

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