Kalles Sehvermögen ist sehr stark eingeschränkt. Was seine Augen aufgrund einer Schädelfehlbildung nicht schaffen, erledigt er einfach per Gehör. Garantiert erkennt er nicht nur jedes der anderen Schafe am Gang, an den Geräuschen, die beim Laufen entstehen – und an der Stimme sowieso.
Wer wie Kalle die Ohren intensiver benutzt als andere kann wahrscheinlich sogar am Kaugeräusch eines anderen Schafes erkennen, um wen es sich handelt. Selbst Quatsch machen, Herumhüpfen und Rennen mit den anderen Schafen ist für ihn unfallfrei möglich, was eine unglaubliche Leistung ist. Er fühlt sich sicher zwischen den anderen Schafen – und seine Mutter ist auch immer in seiner Nähe, obwohl er längst erwachsen ist. Wenn sie ruhen, liegen die beiden meist Po an Po beieinander.
Kalle und seine Mutter Pimpinella sind das Ergebnis einer „unkontrollierten Vermehrung“ auf einem Firmengelände, wo ihre Vorfahren „als Rasenmäher hingestellt wurden“. Die Schafe wurden mehr, obwohl es keinen Platz für sie gab. Die „Lösung des Problems“ in solchen Fällen heißt meist: schlachten. Das allerdings fanden Mitarbeiterinnen des Betriebes nicht akzeptabel. So fingen sie an, zu retten, wer zu retten war. Kümmerten sich um Kastrationen und suchten Plätze für die „überzähligen“ Tiere.
Kalle lebt seit drei Jahren im Land der Tiere. Bei seinem Einzug war er grade ein paar Monate alt, unsicher, schreckhaft, ängstlich. Davon ist heute nichts mehr zu spüren. 🐑