Der Freikauf von Tieren

Manchmal werden wir gefragt, ob wir uns an sogenannten Freikäufen beteiligen möchten. Auch in den sozialen Medien sind immer wieder solche Aufrufe zu finden: „Einmalige Chance: wir können dieses oder jenes Tier freikaufen, es fehlt nur noch die Ablöse und Patenschaften“. Die Motivation für solche Aktionen ist verständlich: auch wenn es viel Mühe und Geld kostet; jedes gerettete Leben ist es wert. Wir möchten an dieser Stelle erläutern, warum wir solche Aktionen aber nicht immer positiv sehen und warum wir uns deshalb daran in der Regel nicht beteiligen.

Problematisch wird es nämlich oft, wenn die sogenannte „Ablösesumme“ wieder direkt in die Tierindustrie fließt.  Diese Gelder werden dann dazu verwendet, um neue Tiere zu züchten, um diese wieder verkaufen zu können. An wen Züchter ihre Tiere verkaufen ist ihnen nämlich ziemlich egal: ob an Mäster, Schlachthof oder Tierschutz; Hauptsache der Verkaufspreis stimmt. Diese Industrie lebt davon Tiere zu züchten, um sie zu verkaufen. Das bedeutet, dass die „Ablöse“ die Tierzuchtindustrie mitfinanziert und für jedes freigekaufte Tier ein anderes nachgezüchtet wird. Strategisch ist das eine Katastrophe und für das freigekaufte Tier leidet ein anderes, auch wenn solche Aktionen emotional verständlich sein mögen.

Die Ziegen Ärnie & Bärt im Land der Tiere, dem veganen Tierschutzzentrum zwischen Hamburg, Berlin und Lüneburg
Rosalie im Land der Tiere, dem veganen Lebenshof zwischen Hamburg, Lüneburg und Berlin

Sinnvolle Ausnahmen

Es gibt durchaus Ausnahmen, bei denen Freikäufe sinnvoll sein können. Wenn z.B. ein tierhaltender Betrieb schließen möchte und das Geld dazu dient, diese Betriebsaufgabe möglich zu machen oder ähnliches. Es ist auch verständlich, wenn emotionale Beziehungen zu einem bestimmten Tier entstanden sind und keine andere Möglichkeit existiert dem Tier zu helfen, außer es zu kaufen. Auch wenn es strategisch vielleicht nicht perfekt sein mag, so ist es doch menschlich verständlich so etwas in einem solchen oder ähnlichen Ausnahmefall zu machen. Wirklich kritisch wird es aber dann, wenn systematisch Tiere freigekauft werden und damit die Tierindustrie subventioniert wird. Diesem wachsenden Aktionismus stehen wir skeptisch gegenüber. Zumal es jede Menge Tiere in Not gibt, die ohne sie kaufen zu müssen gerettet werden können und dringend Lebensplätze und Pat*innen suchen. Es fehlt an dauerhaften, guten Lebensplätzen, aber nicht an Möglichkeiten Tiere zu retten.

Was wird aus dem Tier?

Oftmals ist es so, dass bei solchen Freikaufaufrufen nicht einmal klar ist, wo anschließend die Tiere ihr hoffentlich noch langes Leben verbringen sollen. Das allerdings ist die wahre Herausforderung bei Tierrettungen. Viele vielleicht gut gemeinte „Rettungsaktionen“ enden damit, dass die Tiere auf engem Raum im Matsch stehend ein langweiliges und trostloses Leben fristen müssen. Leider mussten wir schon mehr als einmal erleben, wie dann solche Tiere von den „rettenden Tierschützer*innen“ zum zweiten Mal gerettet werden mussten, weil die Retter*innen mit der Aufnahme der Tiere fachlich und organisatorisch überfordert und die vorhandenen Gegebenheiten für die jeweilige Tierhaltung auf Dauer untauglich waren. Aktionen, bei denen nicht transparent inklusive Bildern erläutert wird, wie und wo genau die Tiere ein dauerhaftes Zuhause bekommen sollen, sollten kritisch hinterfragt werden. Mittlerweile haben zudem vermehrt Betrüger*innen dieses „Geschäftsmodell“ für sich entdeckt, so dass ein kritischer Blick auf solche Freikaufspendenaufrufe schon allein aus diesem Grunde sinnvoll ist.

Gerettetes Kaninchen Henriette im Land der Tiere, dem veganen Tierschutzzentrum zwischen Hamburg, Berlin und Lüneburg

Nicht gewaltfreie Aufrufe

Die Art und Weise, wie für diese systematischen Freikaufaktionen geworben wird, ist mitunter bedenklich: „Wenn wir bis zum Tag x die Freikaufsumme und Patenschaften nicht zusammen haben, stirbt das Tier!“ Solche Formulierungen gehen für unser Verständnis zu weit, sterben doch jeden Tag rund zwei Millionen Tiere allein in deutschen Schlachthöfen, die alle gerettet werden wollen und alle gekauft werden könnten. Das kann niemand leisten und dafür muss niemandem ein schlechtes Gewissen eingeredet werden, die/der sich sowieso für Tierrechte engagiert. Zumal diese oftmals als „einmalige Gelegenheit“ dargestellten Freikäufe gar nicht einmalig sind, weil jeden Tag Tiere gekauft werden können. Denn dafür machen Züchter und Mäster ihre Arbeit – wer die Tiere kauft, ob Schlachthof oder Tierrechtler*innen, ist ihnen egal.  Diejenigen, die diese Tiere kaufen, finanzieren die Leiden der nächsten Tiere, die nachgezüchtet werden, leider mit. Egal wie aufrichtig gemeint die Motivation dazu auch gewesen sein mag.