Brownie hat uns gezeigt, wie man Löcher macht. Und noch viel mehr.
Brownie war die letzte der drei „Süßigkeiten“, wie wir sie und ihre 2022 verstorbenen Schwestern nannten. Ende 2018 zogen die drei ein, gerettet aus einer dieser furchtbaren Kaninchenhaltungen in einem Kleingarten, wie sie leider immer noch „ganz normal“ sind: Bucht an Bucht, Kaninchen in Einzelhaltung auf engstem Raum. Der Kaninchenzüchter wollte sie mästen und schlachten, stattdessen kamen die drei jungen Kaninchenriesen ins Land der Tiere.
Hier konnten sie endlich Kaninchen sein. Die Schwestern wollten jede freie Minute draußen verbringen, hatten riesigen Nachholbedarf, der nie gesättigt wurde: Das „Reinbringen der Süßigkeiten“ war oft eine kleine Herausforderung im allabendlichen Kleintiere-ins-Bett-bring-Programm. Hier noch ein Haken, da noch ein Schlenker und ein Sprint, schwupps, ist die eine drin, die andere wieder draußen. Das Spiel hatten die Schwestern perfektioniert.
Als die Großfamilie von Mama Helga, eine Riesenfamilie mit ähnlicher Vergangenheit wie die der „Süßigkeiten“, dann 2021 zu ihnen zog, verstand sich Brownie gleich sehr gut mit den älteren Jungs der Familie, die ihre Freunde wurden. Als ihre Schwestern starben, mit denen sie unzertrennlich war, war sie zum Glück schon längst integriertes „Familienmitglied“ in der Gruppe.
Im Buddeln konnte ihr auch in ihrer neuen Familie niemand etwas vormachen. Als unangefochtene Buddelmeisterin hat Brownie gefühlt jeden Winkel ihres Gartens schon mal umgegraben – außer ihrer Lieblingswiese. Und dass es einen Wall im Land gibt, der aussieht als habe dort einmal eine Erdmännchenkolonie gewohnt, das war ihr Meisterwerk. Und ihr gutes Recht.
Überhaupt war es ihr gutes Recht, das zu tun, was sie tun wollte. Buddeln, rumliegen, mit den anderen chillen, alleine auf Erkundung gehen, alles und alle beobachten: Hauptsache, sie konnte es selbst entscheiden, das war das A und O für Brownie. Auch mit zunehmenden körperlichen Schwierigkeiten kam ein Aufgeben für sie lange nicht in Frage. Draußen sein, machen, was sie will, auch wenn der Körper es nicht mehr ganz so wollte.
Zwischendurch gab es noch ein wenig Hoffnung, ihr helfen zu können, weil es nur eine unklare Diagnose gab. Als es ihr so schlecht ging, dass sie sogar das Essen einstellte und die Behandlungen und Tierarztbesuche über sich ergehen ließ war klar, dass ihr Problem sehr sehr groß war.
Am Ende war das selbstbestimmte Leben, das Brownie so wichtig war, nicht mehr möglich. Über sechs Jahre wurde sie alt, in einem Körper, der nicht für ein langes Leben, sondern für die kurze „Mast“ gezüchtet wurde – „alt“ also für ein Kaninchen ihrer Art. Die Tumore in ihrem Bauch wuchsen, vermehrten sich, eine Zeit lang war sie damit trotzdem noch fröhlich – unter Schmerzmitteln – draußen unterwegs.
Ihre Hinterbeine konnte sie dann nicht mehr bewegen, ihr Körper war von Tumoren übersät. Das einzige, was wir noch für sie tun konnten, als sie keine Kontrolle mehr über ihre Hinterbeine hatte und die Tumore ihren Körper eingenommen hatten, war sie in ihrem Zuhause einschläfern zu lassen. Bei Sonne, in Gesellschaft ihrer Freunde, nach einer letzten saftigen Birne auf ihrer Lieblingswiese.
Adieu, Brownie.