Liebevolle Erinnerungen
An dieser Stelle möchten wir unserer ehemaligen Mitbewohnerinnen und Mitbewohner gedenken. Danke, dass wir euch ein Stück eures Weges begleiten durften. Wir werden die Erinnerung an euch immer in unseren Herzen tragen.

Die gelbe Frau Lehmann
Kein Morgen ohne ihre Kommentare und „Streusack-Faxen“.
Während die anderen Hühner es morgens kaum erwarten konnten, nach draußen auf Entdeckungstour zu gehen, blieb die gelbe Frau Lehmann im Hühnerzimmer. Immer. Sie wartete, bis die Tierversorgungsmenschen endlich kamen um das Zimmer zu putzen. Denn dann brauchten sie früher oder später ihren geliebten „Streusack“. Wenn es ihr mal nicht schnell genug ging, bis der endlich zum Einsatz kam, wurde lauthals gemeckert. Sobald der Sack dann aufgemacht wurde, gab es kein Halten mehr für die gelbe Frau Lehmann. Egal ob über den Tisch, Stuhl, Holzklotz – sie fand immer einen Weg, in den Streusack zu springen und dort zu scharren. Es war ihr morgendliches Ritual.
„Chefin Hasenbein“
Wir hatten grade der Tierhalterin klargemacht, dass wir nicht vom Hof gehen würden, ohne alle Kaninchen, die in den winzigen, vergammelten Kaninchenbuchten hockten, weder Essen noch Wasser hatten und zum Teil sterbenskrank waren, mitzunehmen. Die Tiere lebten dort, um sich zu vermehren, geschlachtet zu werden. „Aber meine Lieblingshäsin, die bleibt hier, mit der will ich weiterzüchten“, sagte sie.
Jasmin
Je älter sie werden, umso „spezieller“ werden sie. Entwickeln so viele Eigenheiten, Vorlieben, Wünsche und „Macken“ – und manchmal ändern sich auch Pläne, so wie bei Jasmin.
Andere hatten vor 5 Jahren für das zu dem Zeitpunkt namenlose Putenküken diesem Plan: Einsperren, Mästen, Profit machen, Schlachten, zu „Putenbrustfleisch“ verarbeiten. Noch Andere den Plan, sie davor zu bewahren. Und wir dann den Plan, dass sie mit ihrer Freundin Jolanda, die zusammen mit ihr aus einer Putenmastanlage befreit wurde, glücklich leben kann bis ans Lebensende. Der zweite Plan wurde wahr, und das war auch der allerwichtigste Plan: einfach ein gutes Putenleben haben zu können. Jemand sein zu dürfen. Mit allen Eigenheiten, Vorlieben, Wünschen und „Macken“
Pü
Pü blieb immer Pü.
Als Pü ankam im Sommer vor zwei Jahren war er ein Küken, grade ein paar Wochen alt. Unfassbar lieb und putzig, ganz weltoffen, gesprächig und freundlich, so eng verbunden mit seiner kleinen Freundin Cosma, etwa gleich jung wie er. Zwischen die beiden passte kein Blatt, ob wohl sie sich erst seit ein paar Tagen kannten. Beide hatten nie, was Vogelküken normalerweise haben: eine Mutter. Unter deren Flügel es Schutz, Wärme und Geborgenheit gegeben hätte. Weil beide in einer Brüterei schlüpften, maschinell, als „Masttiere“. Ihre Wege begegneten sich bei einer Tierschützerin, die sie davor bewahrte zu werden, was geplant war: Masttiere, ein paar Wochen schlechtes Leben, geschlachtet werden. Alles vorbei, nie angefangen, das echte Leben: Leben mit Liebe und Freundschaften und Freiheit. Pü entkam der vorbestimmten schlechten Geschichte ohne Zukunft.
Die blaue Frau Lehmann
Sie war die, von der wir dachten, sie überlebt die ersten Tage nicht. Dann war sie „die mit den ganzen Tumoren“, wie ihr Röntgenbild vom Sommer letzten Jahres zeigte. Doch die blaue Frau Lehmann überlebte die ersten Tage und sollte auch noch über ein Jahr mit den Tumoren leben.
Die Tumore: eine Folge der Zucht auf hohe Legeleistung. Laut Katalog konnten die Betreiber der Anlage, in der Frau Lehmann und die 80.000 anderen Hühner lebten, mit 302 Eiern im Jahr rechnen. Dass das gravierende, letztendlich tödliche Folgen für die Hühner hat, ja, jedes einzelne Huhn betrifft, ist in einem System, wo es nur um Profit und nicht um Lebewesen geht: vollkommen egal. Die Hühner wären nach anderthalb Jahren sowieso getötet worden. Um sie geht es nie.
Ali Ostermann
Er war der kleinste der Osterkinder: Ali Ostermann.
Seine Großeltern Schecken, seine Eltern Geschwister – Ali war, wie die anderen aus der Familie Ostermann, „genetisch vorbelastet“. Sein Vater, Archie Ostermann, war durch seinen Spaltpenis und die innenliegenden Hoden rein äußerlich für uns eindeutig als weiblich zuzuordnen – bis wir plötzlich Nachwuchs bei Familie Ostermann fanden, mit dem ja wegen der kastrierten Jungs gar nicht zu rechnen war. Archie wurde als „Übeltäter“ ausgemacht, kastriert, und Ali war einer von den überraschend Neugeborenen.
Kaktus
Als das Ordnungsamt am Telefon war und fragte, ob wir eine Idee haben, wer sich in der Gegend um zwei ältere Bartagamen aus der Wohnung einer zwangseingewiesenen Person kümmern könnte, wussten wir niemanden in der Gegend – die Tierheimlandschaft ist hier dünn und kaum auf andere Tiere als Hunde und Katzen ausgelegt. Auffangstationen für Exoten: gänzliche Fehlanzeige. Wir wussten niemanden in der Gegend. Weil es niemanden gibt. Also fuhren wir los, um die beiden abzuholen.
Es war nicht einmal sofort feststellbar, ob die beiden Bartagamen in dem Terrarium überhaupt noch leben. Wie lange keine Heizung und Beleuchtung lief, wann sie das letzte Mal etwa essen konnten, wusste niemand. Die beiden klapperdünnen Bartagamen lebten, aber viel Leben war nicht mehr in ihnen …
Die grüne Frau Lehmann
Sie war immer eine der ersten, wenn es Äpfel gab: Die grüne Frau Lehmann.
Kaum zu glauben, dass sie einst Angst vor Äpfeln hatten. Angst vor fast allem, was ein schönes Hühnerleben ausmachen kann, schlicht, weil sie es nicht kannte. Ihre Realität vor der Rettung: Eingesperrt, in einem Käfig, auf viel zu wenig Platz, mit zu vielen anderen Hühnern, ohne Aussicht auf Besserung.
Alberti
Alberti wird als traurigstes Meerschweinchen in unsere Geschichte eingehen – und als derjenige, der es schaffte, 18 andere Meerschweinchen zu retten.
Albertis Leben war wahrscheinlich immer nur schlecht. Sein Verhalten war das eines resignierten Einzelmeerschweinchens, das nie Freude am Leben hatte. Wahrscheinlich saß er jahrelang in einem kleinen Stall – und hatte nichts und niemanden. Diejenigen, die er hatte, also denen er „gehörte“, setzten ihn vor ein paar Monaten in einer Transportbox neben einem Waldweg aus.
Gustav
Eine Zeit lang gab es den Versuch. Jemand, der nicht Tanja ist, übernimmt die Betreuung von Gustav und seinen Mädels. Gänzlich gescheitert.
Gustav war so sauer und regte sich so auf, wenn jemand anderes sein Zimmer oder seinen Garten betrat, dass es so kam, wie er es wollte. Die Einzige, bei der er sich nicht aufregen musste, sie nicht aus dem Zimmer schmiss, nicht motzte, meckerte, ansprang und biss, wenn es ans Frühstück, das Abendessen, ans Putzen oder die Extra-Apfelportion zwischendurch ging, übernahm seine Versorgung. Für immer. Jeden Tag. Viele Jahre lang.
Hoppins
Manchmal passiert es von einer Stunde auf die andere.
Ganz früh war noch alles wie immer, Hoppins, sein Bruder Poppins und Primelchen haben um 7 Uhr zusammen gefrühstückt und ein bisschen ungeduldig darauf gewartet, dass endlich die Volierentüren zum Garten aufgehen. Das „Es ist aber noch dunkel-Argument“ zählt bei den Zwergen nämlich nicht, schließlich will auch ein Zwerg so richtig was vom Leben haben.
Gertruhn Bruhnhilde
Sie war die letzte der drei Bruhnhilden: Gertruhn Bruhnhilde.
Die Rettung der drei Hühner erfolgte im Sommer 2023 in letzter Minute: Ihr alter Halter liebte und umsorgte die Hühner, solange er konnte. Doch als er krank wurde und sich nicht mehr um die drei kümmern konnte, wollte seine Frau sie schlachten. Einfach, weil sie sich nicht um die Hühner ihres kranken Mannes kümmern wollte. Zum Glück der drei Bruhnhilden hielten die Schwiegertochter und Enkel nichts von den Tötungsabsichten der Frau. Und retteten den Hühnern das Leben, indem sie sie ins Land der Tiere brachten.
Kater Klaus
Kater Klaus hat sie geliebt, die Sonnenuntergänge am Tor. Und wir die Sonnenuntergänge mit ihm.
Die Sonnenuntergänge an dem Tor zum Land der Tiere, wo er vor zehn Jahren bei Sonnenaufgang ausgesetzt wurde. Als er „vom Himmel fiel“ dachten wir, okay, wir füttern ihn durch, kümmern uns, er bleibt oder geht wieder. Dass es dann wurde, wie es wurde, damit hat niemand gerechnet, außer vielleicht Klaus selbst: Es wurden zehn Jahre Glück daraus. Tiefe Verbundenheit. Viele Freundschaften, eine Menge Abenteuer und unfassbare Angst um ihn. Wegen der Abenteuer.






















