Pü blieb immer Pü.

Als Pü ankam im Sommer vor zwei Jahren war er ein Küken, grade ein paar Wochen alt. Unfassbar lieb und putzig, ganz weltoffen, gesprächig und freundlich, so eng verbunden mit seiner kleinen Hühner-Freundin Cosma, etwa gleich jung wie er. Zwischen die beiden passte kein Blatt, ob wohl sie sich erst seit ein paar Tagen kannten. Beide hatten nie, was Vogelküken normalerweise haben: eine Mutter. Unter deren Flügel es Schutz, Wärme und Geborgenheit gegeben hätte. Weil beide in einer Brüterei schlüpften, maschinell, als „Masttiere“. Ihre Wege begegneten sich bei einer Tierschützerin, die sie davor bewahrte zu werden, was geplant war: Masttiere, ein paar Wochen schlechtes Leben, geschlachtet werden. Alles vorbei, nie angefangen, das echte Leben: Leben mit Liebe und Freundschaften und Freiheit. Pü entkam der vorbestimmten schlechten Geschichte ohne Zukunft.

Und dann wäre beinahe trotzdem alles schiefgegangen. Seine Retterin rettete ihn, aber dann lief nichts, wie es hätte sein sollen. Sie war völlig unerfahren mit „Mastvögeln“, wusste nicht, dass grade die ersten Lebenswochen entscheidend sind, wenn die Tiere mit ihren auf Turbowachstum gezüchteten Körpern länger leben sollen als „bis zur Schlachtreife“ mit wenigen Wochen. Platz hatte sie auch keinen für Pü und Cosma und ihren Bruder. Und vielleicht starb Cosmo so früh, weil alles war, wie es war – und sie es nicht besser wusste. Trotzdem war es „ein Hauptgewinn“ für Cosmo: trotzdem ein paar Monate glücklich leben zu können, statt im Alter von vier Wochen geschlachtet zu werden.

Pü bekam seinen Namen bei uns, weil er so ein sanfter Typ war, „Pü“ war zudem das, was er sagte, die Konsistenz seiner Ausscheidungen waren auch „Pü“, weil er so krank war, als er kam. Wir behielten uns vor, ihn wenn er erwachsen sein würde, Püdelius zu nennen. Aber Pü blieb immer Pü. Ein lieber, zarter, sanfter Riese. Er wurde wirklich riesig. Und lange, für einen „Mastputer“ sehr lange Zeit, ging alles gut für ihn mit seinem riesigen Körper.

Puter Pü und „Mast“-Henne Cosma verband über zwei Jahre lang eine tiefe Freundschaft. Unzertrennlich. Machten ihre Wege gemeinsam. Schliefen nebeneinander. Über zwei Jahre, das ist für solche Vögel, die für die Fleischproduktion gezüchtet wurden, „enorm alt“. Vögel ihrer Art werden oft nur ein paar Wochen alt, sterben mit körperlichen Problemen, weil die Knochen das enorme Gewicht nicht tragen können, das Herz-Kreislauf-System nicht durchhält. Pü hatte lange Zeit wirklich Glück mit seinem Körper. Aber in seinem dritten Sommer fing es dann an: Knochenprobleme. Irgendwann würde der Tag kommen, wo er nicht mehr aufstehen könnte.

Erst verlor er seine Körperhaltung, zwang sein Brustmuskel ihn sozusagen in die Knie. Ein dicker Fuß, geschwollene Gelenke folgten. Es ist der typische Verlauf, den fast jeder Puter in seinem „hohen Alter“ nimmt. Pü war seit die Probleme anfingen „Schmerzpatient“ – und wir glücklich, dass die Medikamente ihre Wirkung zeigten und ihn mobil hielten. Nach einer Phase, wo wir dachten, es kann nur noch bergab gehen folgte tatsächlich noch eine von einigen Wochen, wo er trotz Fuß und Knie und Hüfte lief, als sei nichts. Sogar seine Körperhaltung fand er nochmal wieder, der zarte Riese, konnte wieder glücklich mit Cosma und seinen Putenfreundinnen herumspazieren.

Ein bisschen mehr als zwei Jahre… Puten können eigentlich über 10 Jahre alt werden, wenn sie nicht auf maximales „Brustfleisch“ gezüchtet wurden. Pü hatte nie eine Chance auf annähernd 10 Lebensjahre, nicht mit seinem über 25 Kilo schweren Körper. Aber er hatte eine Chance, glücklich zu sein bis zu seinen letzten Tagen, an denen es keine Hoffnung mehr gab, dass er noch einmal würde aufstehen können.

Adieu, Pü.

26. November 2025

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