Das war kein guter Ort zum Leben …
Die Haltung, in der wir die beiden Ziegen zwei Wochen zuvor vorgefunden hatten, war furchtbar. UnzĂ€hlige Tiere in Schlamm und Kot auf engstem Raum, schon lange hatten die Menschen, denen sie gehörten, den Ăberblick verloren. Saubergemacht wurde nicht. Futter gab es auch keins mehr. Geld, um welches zu kaufen, auch nicht. Und fĂŒr tierĂ€rztliche Betreuung sowieso nicht â aber die hielt dort auch niemand fĂŒr notwendig.
Dass Lohreley ein halb abgerissenes Ohr hatte, an dessen Vereiterungsgrad, abgestorbenem Gewebe und ihrem zittrigen Gesamtzustand man erahnen konnte, wie lange sie damit schon herumlief, auch das wurde einfach so wie die EuterentzĂŒndung hingenommen.
Die Ziegen lebten als âNutztiereâ, eine Schwangerschaft folgte der nĂ€chsten, ihre LĂ€mmer wurden geschlachtet, sie selbst dazwischen âzur Milchgewinnungâ genutzt. Wie, davon erzĂ€hlte die rostige Kette an einem Baum im zugemĂŒllten Hof. Bei den Menschen einen FuĂ in die TĂŒr zu bekommen, um den Tieren zu helfen, war nicht einfach, denn sie selbst fanden alles gar nicht schlimm. Die Tiere waren ja eh am Ende nur zum Geschlachtetwerden da.
Als wir das erste Mal auf den Hof kamen, war kurz zuvor das VeterinĂ€ramt aufgrund einer Anzeige aus der Nachbarschaft da. Sie wurden nicht hereingelassen und gingen unverrichteter Dinge wieder. Obwohl allein der Anblick der Kaninchenbuchten direkt am Eingang eigentlich schon alles sagte. Ein Blick reichte um zu sehen, dass es einigen der Kaninchen lebensbedrohlich schlecht ging. Bevor wir uns um die Ziegen kĂŒmmerten, wegen denen die Nachbarschaft uns eigentlich informiert hatte, kĂŒmmerten wir uns um die Kaninchen. Einige Stunden und âVerhandlungenâ spĂ€ter packten wir alle ins Auto. Trotz sofortiger tierĂ€rztlicher Behandlung konnten wir nicht alle retten. Heute leben tatsĂ€chlich immer noch 10 davon bei uns: Die wundervolle Familie Dr. Hasenbein.
Damit war die Rettung nicht abgeschlossen. Es gab auch noch eine kleine Entenfamilie. Gedacht eigentlich als Weihnachtsbraten. Wieder einige Verhandlungen spĂ€ter packten wir auch die Enten ein. âAls Dank dafĂŒrâ schickte uns die âBesitzerinâ in den Folgetagen mehr als einmal eine Nachricht: âDie Ziegen haben Hungerâ. Futter einpacken, wieder hinfahren. Zu dem Zeitpunkt war noch unklar, ob sie uns auch die beiden Ziegen ĂŒberlassen wĂŒrde. Sie tat es, und Lohreleys schlimmes Ohr konnte endlich tierĂ€rztlich behandelt werden.
WĂ€hrenddessen kĂŒmmerte sich das VeterinĂ€ramt, mit dem wir von Anfang an in engem Kontakt standen, dann um den restlichen Ziegenbestand. Die Tiere wurden einige Wochen spĂ€ter den Haltern entzogen und anderweitig untergebracht. Unter anderem der groĂe alte ThĂŒringer Waldziegenbock, den wir im Verdacht haben, der Vater von BĂ€rtas Söhnen zu sein, die im FrĂŒhling nach ihrer Rettung im Land der Tiere geboren wurden. Der heutige Rettungstag ist also auch der von BĂ€rtas Söhnen Ărnie & BĂ€rt. ❤