Niemanden zurücklassen zu müssen geht bei Tierrettungen fast nie.

Oft ist die Zahl der Tiere so hoch, dass es völlig utopisch ist, denn wir können nicht 10.000 Mastputen retten. Manchmal scheitert es auch an den Tierhalter*innen, die uneinsichtig sind, obwohl ihnen längst alles über den Kopf gewachsen ist. Manchmal klappt aber das Unmögliche: alle zu retten. Und sie für den Rest ihres Lebens zu begleiten.

Abschied von „Chefin Hasenbein“.
Wir hatten grade der Tierhalterin klargemacht, dass wir nicht vom Hof gehen würden, ohne alle Kaninchen, die in den winzigen, vergammelten Kaninchenbuchten hockten, weder Essen noch Wasser hatten und zum Teil sterbenskrank waren, mitzunehmen. Die Tiere lebten dort, um sich zu vermehren, geschlachtet zu werden. „Aber meine Lieblingshäsin, die bleibt hier, mit der will ich weiterzüchten“, sagte sie.

Die „Lieblingshäsin“ sah ein bisschen anders aus als alle anderen Kaninchen. Ein bisschen grauer, ein bisschen dunkler. Und sie blieb natürlich nicht da. Alle Kaninchen kamen mit. Und tatsächlich geschah mit den furchtbaren Kaninchenbuchten, in denen seit Jahrzehnten unfassbar viele arme Kaninchen litten, bis sie geschlachtet wurden, das einzig Richtige: sie wurden zu Kleinholz zerlegt. Irgendwann fuhren wir vorbei – und im Garten, wo die Ställe vorher standen, war ein großes „Lagerfeuer“.

Die „Lieblingshäsin“ hatte unterdessen das, was nur durch einen Zufall möglich wurde: ein echtes Kaninchenleben. Sie sah nicht nur ein bisschen anders aus als die anderen der Familie Dr. Hasenbein, sondern war auch immer etwas anders. „Wilder“, „robuster“, „bestimmter“. Es geschah nicht rein zufällig, dass sie zur Familienchefin wurde.

Chefin Hasenbein war die mit dem besten Gesundheitszustand. Immer. Während sich die Familie mit mitgebrachten Krankheiten bzw. deren Folgen plagte, einige Familienmitglieder unter Knochenproblemen und chronischem Schnupfen litten und sich die Familie im Laufe der Jahre dadurch verkleinerte, blieb die Chefin immer gesund. So als ob ihr niemals etwas passieren könnte.

Umso überraschender kam dann in diesem Sommer der Fliegenmadenbefall bei ihr. Denn normalerweise „erwischt“ so etwas kranke, geschwächte Kaninchen. Manchmal reicht allerdings auch eine kleine feuchte Stelle an dunklen, warmen Körperregionen, um die Katastrophe auszulösen. Chefin Hasenbein war alles andere als begeistert von den notwendigen Notfall- und weiteren Behandlungsmaßnahmen. Und genauso unbegeistert davon, dass wir für die Dauer der Behandlung „Freiheitsberaubung“ in einem geschlossenen Zimmer betreiben mussten. Ihre Meinung: mit einer Hasenbeinchefin macht man sowas nicht. Und ihr gibt man keine Medikamente. Da mussten wir dann aber alle durch.

Alles wurde wieder gut. Ihre Wunden heilten vorbildlich. Und alle Hasenbeine konnten wieder das tun, was sie wollten: draußen sein, ihre Ruhe haben, selbstbestimmt bis auf regelmäßige Gesundheitskontrollen durch uns ihre Tage verbringen. Es fiel dann auf, dass mit der Chefin etwas nicht stimmt. Es hätte zu ihr gepasst, sich bloß nichts anmerken zu lassen. Bevor wir diagnostisch weiterkamen, verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand drastisch. Sie starb da, wo sie immer glücklich war, Zuhause im Kreis ihrer Familie.

Adieu, „Chefin“ Hasenbein.

8. Dezember 2025

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