Abschied von Don Krawallo Wiesengrün
„Pass auf und nimm besser einen Eimer mit, wenn du zu ihm reingehst.“
Wenn er eines perfekt konnte, dann die naive Theorie von der Dankbarkeit geretteter Tiere ihren Retter*innen gegenüber widerlegen. Dass er den Namen Don Krawallo verpasst bekam, war der Tatsache geschuldet, dass er die meisten Menschen – auch sein aufopferndes Dienstpersonal – ohne Wenn und Aber aus seinem Revier verjagte, Füße, Flügel und Schnabel voraus. Die aufgrund von ständigem Kontakt mit ihm ganz Vertrauten schafften es unter Zuhilfenahme eines unauffälligen Eimers, immer bedacht positioniert zwischen ihm und den eigenen Beinen, zweieinhalb Jahre lang mit ihm zusammenzuleben und zu arbeiten, ohne von ihm gebissen zu werden. Was nicht heißt, dass es von seiner Seite aus jemals „Liebe“ gewesen wäre. Maximal so etwas wie Akzeptanz konnten man von ihm erwarten. Sein gutes Recht.
Abschied von Noa
Wo die Schildkröten, die im Land der Tiere leben, herkommen, das ist eine der häufigen Fragen von Besucherinnen und Besuchern. Wie alt sie sind, wie alt sie werden.
An dem Tag fragte jemand, ob Schildkröten auch sterben. Ob wir uns erinnern könnten an eine im Land der Tiere verstorbene Schildkröte. Es war der Tag, an dem wir Noa abends reglos in ihrem Schlafhaus fanden. Noa war gestorben, genauso unauffällig wie die ganze Noa war, weil sie menschliche Nähe immer vermied.
Abschied von Matrix
Kein „Apparat“: Ihr Name war Matrix.
„Legeapparat“ nennen viele Menschen die für die Bildung und das Legen von Eiern zuständigen Organe beim Huhn. Dabei vergisst sich leicht, dass es tatsächlich nicht um „Apparate“ handelt, welche Eier produzieren, sondern um die hochempfindlichen Organe eines Huhnes.
Und um ein Huhn, welches enorm darunter leidet, wenn diese Organe durch die enorme Anzahl von Eiern, die sich in seinem Körper bilden, krank werden. Vereitern. Sich Schichteier bilden. Bis das Huhn einen so mit Eiter und Eierteilen gefüllten Bauch hat, dass es nicht mehr stehen kann. Bauchwassersucht, Tumore und andere Probleme kommen dann oft noch hinzu, das Huhn magert ab, versucht von allem sich nichts anmerken zu lassen, bis nichts mehr geht und es stirbt. Die meisten „Legehennen“ sterben an diesem Problem. Selbst als „Hobbyrassehühner“ gezüchtete Hühner sind heute genetisch so „optimiert“, dass sie Unmengen von Eiern legen: 250 in einem Jahr. Ein ursprüngliches Huhn legt ca. 25 Eier im Jahr. Die zehnfache „Legeleistung“ belastet die Hennen stark – ihre Körper können das nicht dauerhaft schaffen.
Abschied von Linus
Irgendwann an einem Sonntag im September 2016 stand dann eine kleine Holzhütte vorm Tor. Von dem Auto, welches sie „anlieferte“, sahen wir noch die Rücklichter. Es war der Sonntag, an dem Linus seinen Ort zum Leben im Land der Tiere fand, denn in der abgestellten Hütte hockten zwei Kaninchen: Linus und seine Freundin Lilli. Für die beiden ausgesetzten Kaninchen wahrscheinlich das Beste, was ihnen passieren konnte.
Abschied von Kurti
Die Frage, ob es überhaupt Sinn macht, Tiere wie Kurti zu retten, hat Kurti eindeutig beantwortet. Dreieinhalb Jahre lang, die Kurti voller Mut auf einem Bein durchs Grün hüpfte und nicht ans Aufgeben dachte. An keinem Tag.
Außer an seinen letzten Tagen.
Abschied von Sputnik
Als Sputnik kurz vor Weihnachten 2018 zusammen mit seinen beiden Geschwistern Lotta und Kurti ins Land der Tiere einzog, war er vielleicht vier Monate alt. Bis dahin hatte er alles andere als ein schönes Leben, wurde sehr schlecht versorgt, lebte in Matsch und Kot. Angeschafft wurden Sputnik, Lotta und Kurti als Mastputen. Ihr Glück war, dass der Tod ihres Besitzers den Weg frei machte für ihr Leben.
Abschied von Leonore
Leonores Geschichte ist eine für Menschen, die mit Kaninchen zusammenleben – und eine für Tierärztinnen und Tierärzte.
Als Leonore vor einigen Monaten ins Land der Tiere einzog, war ihr Ernährungszustand katastrophal. Sie war Haut und Knochen, aber munter und aktiv. Ihre Zähne zum Teil viel zu lang gewachsen, um vernünftig Nahrung zu sich nehmen zu können. Ihr Gesicht auf einer Seite dick, so dachten wir, vermuteten aufgrund der Zahnprobleme einen Abszess. Leonore aß, alles was wir ihr „Kleines“ anboten. Unmengen. Die Zähne wurden unter Narkose korrigiert. Es gab keinen Abszess in der „dicken Backe“. Sehr erfreulich, dachten wir. Leonore aß, war munter, legte ordentlich an Gewicht zu, hoppelte draußen mit den anderen Kaninchen herum, kuschelte, war unauffällig.
Abschied von Bibo
Seit wir die Rettung, das Leben und das Sterben der ersten sechszehn „Mast“-Puter, die als Küken ins Land der Tiere einzogen, begleitet haben, ist da ein Haufen Liebe, ein Haufen Trauer – und keine kleine Illusion übrig, dass Tiere wie sie mit uns alt werden können.
Abschied von Helene
Wir fanden sie unter den Bäumen. Eine Stunde zuvor war Helene dort noch mit den anderen unterwegs, im Laub nach leckeren Geheimnissen suchend, scharrend und pickend, glücklich und zufrieden, zwischendurch mit dem Hahn im Nachbargehege flirtend und Ente Heidi beim Baden im Teich beobachtend.
Abschied von Oscar
Der bislang meist verarztete Patient im ganzen Land? Wahrscheinlich Oscar. Chronischer Schnupfen, der immer wieder behandelt werden musste, Pododermatitis aufgrund seines schweren „Mast“-Körperbaus, gegen die wir monatelang und tatsächlich erfolgreich angekämpft haben, regelmäßig mal ein Loch hier oder da, kassiert bei Streitigkeiten mit seinem Bruder Emil, mit dem er die Jahre bei uns zusammenlebte, kuschelte und kabbelte. Der größte Eiterabszess, den wir je an einem Kaninchen spülten, war selbstverständlich auch Oscars. Die meisten Spritzen mit Antibiotika? Oscar! Als ihn vor vielen Monaten dann noch in einer akuten Schnupfenphase eine Lähmung erwischte, die eines seiner Hinterbeine funktionslos machte, dachten wir: jetzt ist es wirklich vorbei.