Abschied von Lilli

Wir wissen nicht, wie alt Lilli und ihr Freund Linus waren, als wir sie vor Jahren abgestellt mitsamt Stall vor unserem Einfahrtstor fanden. Nicht mehr jung jedenfalls, und Lilli hatte da schon aufgrund ihres Körperbaus ein paar Probleme mit ihrem langen Rücken und ihrem Gewicht. Aber nicht so, dass es ihr Zusammenleben mit Linus als Freilaufkaninchen im Land der Tiere beeinträchtigt hätte. Die beiden waren immer unterwegs – und gingen auch in den größten Gärten, wo sie lebten, nie verloren, sondern kamen abends auf Zuruf in ihr Nachtquartier gehoppelt. Irgendwann fing es an, dass Lilli abends dem Weg nicht mehr schaffte, wenn sie tagsüber weit unterwegs war. Sie lief zunehmend schlechter und es war absehbar, dass sich ihr Zustand weiter verschlechtern würde

Lilli hat es mit Fassung getragen, als die Lähmungserscheinungen ihrer Hinterbeine, verursacht durch eine Wirbelsäulendegeneration, stärker wurden. Helfen konnten wir ihr nur so weit, dass wir ihr ein altersgerechtes wohnen, verbunden mit einem Umzug in ein kleineres Gehege in der „Alten Kleintierabteilung“ in direkter Menschennähe, ermöglichen und ihr besondere Betreuung und Behandlung zukommen lassen konnten. Irgendwann war der Zeitpunkt da, wo Lilli ganz gelähmt war. Sie verlor nicht ihren Lebensmut und ihre „Robustheit“, lag zusammen mit ihrem Linus unterm Apfelbaum, die beiden putzten sich wie gewohnt innigst. Lilli dachte nicht ans Sterben, schaffte trotz Lähmung in der Wiese ihre Wege – und ihrem Linus klar zu machen, wer das Sagen im Haus hat.
Lilli hat so noch ein paar Monate gelebt. Monate, wo wir täglich dachten, vielleicht ist morgen der Tag, wo sie kapituliert, keine Lust mehr hat, zu leben. Die fortschreitenden Probleme durch Immobilität und Inkontinenz ihr den Willen rauben würden. Irgendwann war die Lähmung so weit, dass das, was sie wollte, selbst entscheiden, wann sie isst und wo sie isst, wann sie sich zu Linus kuschelt, um sich von ihm putzen zu lassen, ihr Körper nicht mehr zuließ. Es war der Abschied von Lilli.
Für Linus war es unendlich traurig, seine Gefährtin, mit der er sein ganzes Leben verbracht hatte, zu verlieren. Umso glücklicher sind wir für ihn, dass er nun in Gesellschaft anderer Kaninchen lebt, die sein Schicksal, das Partnerkaninchen verloren zu haben, teilen. Der alte Linus lebt nun zusammen mit Alf und Molly.

Adieu Lilli.

Adieu Moritz

„Nutztiere“, die alt werden, gibt es eigentlich nicht. Wie ist es, wenn doch? Sie bis an ihr natürliches Lebensende leben können? Ihr Alt-Sein unterscheidet sich nicht von dem, welches Menschen kennen und leben, nicht von dem, was wir von Tieren wie Hunden und Katzen kennen, mit denen viele Menschen eng zusammenleben. Wir erkennen „Altersweisheit“ auch bei Hunden, diese alte Gelassenheit, lebenserfahrene Klugheit und Ruhe, jedoch auch Arthrose, altersbedingte Herzschwächen, Organprobleme, Demenz, Schlaganfälle. Sehschwächen, Alterstaubheit, alles. Auch an Schafen geht das Alter nicht spurlos vorüber. Schafe wie Moritz.

Moritz ist so alt geworden, wie eigentlich kein Schaf wird, selbst nicht bei „guter Pflege“. Moritz wurde 15 Jahre – die Lebenserwartung eines Schafes liegt bei 10-12 Jahren. Wir kannten Moritz, seit er ein Lamm war. Schon lange war Moritz tüdelig und senil – aber da er schon immer ein sehr verträumter Herr gewesen ist, war es nicht schwer, uns darauf einzustellen. Ihn abzuholen, wenn er sich irgendwo verträumt hatte, gehörte immer dazu. Arthrose, schwindendes Sehvermögen, Herzschwäche kamen irgendwann. Vor Jahren konnte er kaum noch laufen mit seinen alten Knochen, humpelte leidend durchs Land. Wurde medikamentös unterstützt, blieb in Bewegung – und lief irgendwann wieder einfach so richtig gut. Erlebte seitdem so einen „Altersfrühling“. Vor Jahren fanden wir ihn im Frühtau auf dem Rücken liegend und nicht mehr ansprechbar auf der Weide, bewusstlos und mit völligem Kreislaufversagen. Er war einfach beim Schlafen rückwärts in eine winzige Senke gerollt. Moritz war früher sehr dick – und einfach nicht mehr hochgekommen. Wir schafften es, ihn wieder zu den Lebenden zu holen.

Moritz ist schon „so oft gestorben“ – zuerst, als er als “Osterlamm” geschlachtet werden sollte. Dann noch wegen verschiedener Erkrankungen – und er war immer wieder da und blieb. In seinen letzten Tagen ging es ihm jedoch sehr schlecht. Wir waren dabei, als er sich plötzlich beim Morgenspaziergang von den anderen absetzte und weglief. Mit Anzeichen eines Schlaganfalles, Herzinfarktes und noch mehr Problemen. Moritz starb, weil sein alter Körper einfach am Ende war.

Adieu alter Freund.

Abschied von Rita

Der Trost, der am Ende neben der Trauer bleibt? Dass jemand nach viel Elend als „Nutztier“ noch ein neues Leben haben und eine gute Zeit lang Glück, Liebe, Respekt und Freundschaft erfahren konnte. So wie Rita.

Wenn uralte Wesen wie Rita einziehen, freuen wir uns umso mehr, dass jemand noch ein bestmögliches Leben haben kann, weil die verbleibende Zeit einfach nicht mehr lange sein kann. Traurig, dass Rita schon ein halbes Jahr einsam und alleine leben musste: Sie war die letzte Überlebende einer ehemaligen „Milchschafhaltung“. Rita zog im April 2018 ins Land der Tiere ein – im Alter von ungefähr 20 Jahren. Vielleicht „erst“ 16, vielleicht auch 23. In jedem Fall so uralt, wie kaum ein Schaf wird.

Ritas körperlicher Zustand bei ihrem Einzug war extrem schlecht: sie war kaum in der Lage zu laufen, ihre alten arthritischen Knochen machten enorme Probleme. Die uralte Dame bekam „zur Begrüßung“ sofort Schmerzmittel verabreicht, in der Hoffnung, sie könne so zumindest mit den anderen alten Schafen mithalten und noch schmerzfrei ihre restliche Lebenszeit genießen.  Rita wollte und konnte, dank täglicher Schmerzmittelgaben zog sie mit den anderen mit. Zufrieden und würdevoll, langsam und Schritt für Schritt. Immer an der Seite der anderen alten Schafe. Bis zu dem Tag, wo ihre alten Knochen nicht mehr mitmachten und kein Schritt mehr möglich war. Es gab nichts mehr, was wir hätten für sie tun können, außer bei ihr zu sein und ihr einen letzten schweren Gefallen zu tun.

Adieu, Rita.

Abschied von Eva

Eva war bis zum Sommer 2016 eines dieser armen „Mastkaninchen“, die millionenfach in kleinen Ställen, Käfigen, Boxen und Verschlägen hinter irgendwelchen Häusern in unser aller Nachbarschaft, fernab aller „Artgerechtigkeit“, leben. Eva konnte gerettet werden – und in ein neues, fast freies Leben durchstarten. Welche Leiden sie zuvor in Einzelhaft in einem kleinen Stall eingesperrt ertragen musste, versteht man vielleicht erst, wenn sich die Stalltüren öffnen und die Kaninchen die Möglichkeit haben zu tun, was sie wollen: Rennen, Springen, im Sand kugeln, frische Gräser wegmümmeln, Buddeln, Verstecken, Sozialkontakte pflegen.

Drei Jahre konnte Eva, die schnell durch ihre freche, selbstbewusste und überaus vernünftige Art zur Chefin der Riesenkaninchen wurde, ihr Leben als „Freilaufkaninchen in Führungsposition“ genießen, bis zu ihrem letzten Tag auf Schritt und Tritt begleitet von ihrem Freund Holger in einer Gruppe mit anderen geretteten „Schlachtkaninchen“. Eva hat sich nicht aus der Bahn bringen lassen, als sie vor einigen Monaten schwere gesundheitliche Probleme bekam, ertrug geduldig Tierarztbesuche und Behandlungen und kämpfte sich zurück in ihr normales Leben. Genauso kämpfte sie jetzt in ihren letzten Tagen – doch diesen Kampf konnte sie nicht gewinnen. Als Eva aufgab, konnten wir ihr nur noch einen einzigen letzten Gefallen tun.

Adieu, Eva.

Abschied von Frau Huhn

Sie war ein „Ausnahmehuhn“. Nicht nur, weil sie es in ihrem dreijährigen Leben geschafft hat, 1500 Millionen andere „Mast“hühner zu überleben. Nicht mit ein paar Wochen geschlachtet zu werden wie all die anderen. Sie war das Huhn, was keine anderen Hühner mochte. Sich stattdessen in einen riesigen Puter namens Mika verliebte. Das Huhn, das uns wechselnd glücklich und traurig machte.

Sie glücklich und lebendig zu sehen – und so oft um sie zu bangen, wenn es ihr nicht gut ging und ihr monströser Mastvogelkörper ihr das Leben schwermacht. So oft dachten wir, der Tag sei da, wo ihr Herz-Kreislaufsystem unter ihrer Körpermasse versagen würde. Genauso oft berappelte sie sich wieder.

Das größte Glück, was noch geschah war, dass aus Franziska Mirabelle Huhn, genannt Franzi und Frau Huhn, ein Huhn wurde – ein Huhn, das Hühner mochte! Alle zwischenzeitlichen Versuche, sie mit Hühnern zu vergesellschaften, scheiterten an ihrem Widerstand. Bis sie die Schimanskis kennenlernte. Und ohne Diskussionen Hühnerchefin wurde. Es genoss, die anderen Hühner um sich zu haben.

An ihrem letzten Tag war sie so unglaublich gut drauf, wanderte gefolgt von den 3 überlebenden Schimanskis die Hänge hoch und runter, pickte tiefenentspannt und glücklich im frischen Grün. Umso überraschender für uns kam ihr Tod am folgenden Morgen. So oft hatten wir an ihren letzten Tag gedacht, wenn es ihr schlecht ging. Sie hat es vorgezogen, nach einem wunderbaren, perfekten Tag zu sterben.

Adieu, Frau Huhn.

Abschied von Henriette & Sarah Schimanski

Als die Schimanskis, 5 ältere „Legehennen“, die geschlachtet werden sollten, nach einem schlechten Leben zu uns kamen, war ihr Zustand alles andere als „gut“. Sie kannten bis dahin nichts vom echten Hühnerleben, ihr „Zuhause“ war ein dunkler dreckiger Stall – und Auslauf gab es nicht. Umso froher waren wir, als sie anfingen, draußen herumzulaufen, endlich ein Hühnerleben zu haben, zu tun, was Hühner eben tun wollen. Denen, die aufgrund schwerer Probleme mit ihren Legeorganen blutige, schalenlose Eier legten, konnten wir mit Hormonimplantaten helfen. Sie erst einmal vom tödlichen Eierlegen befreien. Ihnen ein bisschen Lebenszeit retten.

Nur ein paar Monate Zeit konnten wir für Henriette und Sarah herausschinden. Henriettes Kropfentzündung war lange nicht das einzige Problem ihres durch die Eierproduktion ausgelaugten Körpers, so dass der letzte Rettungsversuch sie auch nicht mehr retten konnte. Für Sarah, deren Bauch dick gefüllt war mit kranken zerstörten Legeorganen, konnten wir nicht mehr tun, als sie einschläfern zu lassen. Wir mussten uns innerhalb weniger Tage von den beiden verabschieden.

Nachtrag: Nach 2,5 Jahren im Land der Tiere ist auch Kira, die letzte der Schimanskis, verstorben.

Adieu, ihr lieben Schimanskis.

Ein paar glücklich und frei gelebte Monate nach einem Hühnerleben, das mit echtem Hühnerleben nicht viel zu tun hatte. Doch auch endlich Huhn sein können hat mit echtem Huhn-Sein, wenn es sich um „Hochleistungslegehennen“ handelt, am Ende nichts zu tun. Über 300 Eier legt eine für die Konsumeierproduktion gezüchtete Henne in einem Jahr. So viele, wie ihre „Urmütter“ wahrscheinlich nicht einmal in einem über 10 Jahre langen Leben legten – um ihre Familien zu erhalten. Eben zu dem Zweck, zu dem Eier da sind: damit daraus Küken schlüpfen.

Über 300 Eier in einem Jahr, weil wir Frühstücks- und „Ostereier“ konsumieren wollen und in vielen Fertiggerichten von Nudeln bis Kuchen Eier essen. Die von Menschen genetisch gewollte Katastrophe fürs Huhn, die ein Hühnerkörper kaum aushalten kann. „Legehennen“ werden in der Regel nach einem Jahr „ausgemustert“, geschlachtet und zu Suppenhühnern verarbeitet oder landen im Müll – wenn ihre Körper aufgrund der hohen „Legeleistung“ am Ende sind. Ausgemergelt, ausgelaugt, die Legeorgane und oft auch der Rest des Huhns durch die massenhafte und komplett unnatürliche Eierproduktion krank und zerstört.

Der letzte Tag

Als die ersten „Mast“putenküken ins Land der Tiere einzogen, hatten wir noch die verrückte Hoffnung, sie wären in der Lage, ein mehr oder weniger normales Putenleben zu führen. Optimale Versorgung, pingelige Sauberkeit, viel Bewegung, ein fantastisches Leben könnten irgendwie irgendetwas an ihrer genetisch programmierten Lebensunfähigkeit so drehen, dass ihre Lebenserwartung „akzeptabel“ würde. Ein Leben, welches auch rein zeitlich weit über das das Dasein hinausgehen würde, welches Puten in Mastanlagen haben. Und ohne die Probleme, unter welchen die Tiere aufgrund ihres immensen Wachstums leiden. 21 Wochen existieren Putenhähne in den Mastanlagen – sofern sie nicht vorher schon sterben. Zusammengebrochen unter dem eigenen Gewicht…
Mit 21 Wochen, da werden sie üblicher Weise geschlachtet, wiegen die Hähne 21 Kilo. Wenn sie bis dahin überhaupt überlebt haben. Ein Vogel, lange nicht erwachsen, 21 Kilo! Ein etwa 9 Kilo schwerer Brustmuskel, der ihn nach unten zieht und die Gelenke zerstört, bis er nicht mehr stehen kann, „fette Keulen“, die ihn schon in jungem Alter nicht mehr laufen lassen. Dazu Herz-Kreislauf-Probleme, manche fallen einfach tot um, wegen geplatzter Schlagadern.
Wofür?
Putenfleisch…

Irgendwann kommt der Tag, an dem jede „Mast“pute anfängt, zu humpeln. Auch die aus Mastanlagen vor der Schlachtung Geretteten…
Ein Problem in einem Gelenk ist der Anfang vom Ende. Und wir können medizinisch nichts, gar nichts tun, außer die Vögel mit Schmerzmitteln zu versorgen, wenn sie anfangen, zu humpeln. Bei den anfälligen furchtbar schweren Körpern wird ein einziges Gelenkproblem in kurzer Zeit zum Komplettproblem: Hämatom im Knie, Fehlbelastung, Hüftversagen, Bewegungsunfähigkeit. Liegen. Das macht der Bauch mit dem angezüchteten fetten Brustmuskel nicht mit: Dekubitus. In der Putenmast als „Brustblase“ bekannt. Eitrige Beulen, offene Stellen – im Schlachthof werden sie weitgehend weggeschnitten. Oder die Pute landet als „schlachtuntauglich“ im Müll.

Im Leben als gerettete Pute bedeutet es ihr Lebensende, wenn sie nicht mehr aufstehen können, ihre Körper unter dem eigenen Gewicht kapituliert haben. Unseren Abschied. Unsere Wut. Unsere Trauer. Storchs Zustand hatte sich in den letzten Wochen zusehends verschlechtert. Das Humpeln nahm zu. Er konnte seit einigen Tagen kaum noch aufstehen. Wir wussten längst, dass der Tag bald kommt. Der Tag, wo er nicht mehr in der Lage sein würde, aufzustehen. Wir waren vorbereitet, von ihm Abschied nehmen zu müssen – aber das macht es nicht besser. Nicht schöner. Nicht erträglicher.

Storch wurde vergangenes Jahr kurz vor seiner Schlachtung in furchtbarem Zustand aus einer Mastanlage gerettet. Er erholte sich unerwartet gut nach seinem Einzug ins Land der Tiere – und für ihn folgte eine unerwartet lange, gute, glückliche Zeit. Zusammen mit „seinen“ Damen Putinnen und allem, was ein Puter schätzt. Storch wurde 13 Monate alt. Alt für einem „Mast“puter. Für ihn und uns waren es nur 13 Monate. Er starb nicht so früh wegen „unglücklicher Umstände“, sondern weil Puten zu lebensunfähigen Fleischbergen gezüchtet werden. Und ja, wir wünschen uns, viel mehr Menschen hätten ihn kennenlernen können, seine unglaublich sanfte Art – und seine Freude am Leben.

Adieu, Storch.

Adieu Anton

Als wir vor sehr vielen Jahren Anton trafen, gab es noch kein Land der Tiere – aber den Plan, es Realität werden zu lassen. Für Tiere wie Anton, die vergessenen und still leidenden kleinen und großen Tiere, die in Ställen und Käfigen nebenan leiden und einen Ort brauchen, wo sie ein echtes, zufriedenes und glückliches Leben führen können bis zu ihrem natürlichen Tod.

Es gab noch kein Land der Tiere, aber unter anderem einige Kaninchengehege bei uns. Und einen freien Kaninchenplatz durch den Tod eines alten Kaninchens, dessen Gefährte neue Gesellschaft brauchte. Und in den Tiermarktanzeigen ein altes Kaninchen, wahrscheinlich passende Gesellschaft, „zu verschenken“. Eines dieser Kaninchen, welches xmal mitsamt Käfig verschenkt wird, und niemals ein echtes Leben haben würde… Wir fuhren, um es abzuholen – und kamen ungeplant nicht mit einem, sondern drei Kaninchen zurück. Zwei alte ehemalige „Zuchthäsinnen“, von denen eine Antons Mutter war – und Anton. Ihn wollte die Züchterin eigentlich verkaufen, was aber nicht funktioniert hatte. Anton, ein winziges dürres ängstliches Kaninchenbaby, viel zu früh von seiner Mutter getrennt, kurz vorm Verhungern, saß alleine und verstört in einen kleinen Käfig. Seiner Halterin, die eine „Hobbyzucht“ betrieb, war ihrer Aussage nach „das Geld für das Kaninchenfutter ausgegangen“. Wir erleichterten sie um einige ihrer Sorgen – und nahmen ihre restlichen Kaninchen und ihr Versprechen, keine Tiere mehr zu halten, mit.

Für Anton wurde das Land der Tiere einige Jahre später sein Lebensort: Er zog als einer der ersten Bewohner mit ein. Um ein Leben zu haben, was jedem Tier zusteht: in netter Gesellschaft, größtmöglicher Freiheit, mit Sonne auf dem Po, Wind um die Nase, eigenem Wald und jede Menge Platz zum Hoppeln, Freunde und Freundinnen zum Kuscheln – und Möhrengrün.

Anton ist in hohem Alter friedlich gestorben. Adieu, Antönchen.

Abschied von Brunhilde

In Frieden und glücklich alt werden. Das ist das, was „Nutztiere“ eigentlich nicht erleben – denn dann nutzen sie ja nicht. Brunhilde hatte das Glück, ihr ganzes langes Leben lang einfach Huhn sein zu dürfen. Und gut behütet sehr alt zu werden. Sie lebte über 8 Jahre zusammen mit ihrer Gefährtin Martha ein gutes Hühnerleben bei einem alten alleinstehenden Herrn. Dass sie irgendwann aufhörten, Eier zu legen, störte ihn nicht – und es war kein Grund für ihn, sie zu schlachten. Leider kam der Tag, wo der alte Herr nicht mehr in der Lage war, sich um sich selbst zu kümmern. Als er in ein Pflegeheim umziehen musste, waren Brunhilde und Martha „übrig“ und allein Zuhause. Die Versorgung der Hühner in ihrem alten Zuhause durch eine weiter entfernt wohnende Verwandte war auf Dauer keine Option. Als sie bei uns anfragte, ob wir die beide alten Hühnerladies aufnehmen könnten, hatte sie kaum Hoffnung, dass wir Ja sagen würden. Die Hühner würden noch keine Eier mehr legen, darum hätte sie bislang auch keine/n Abnehmer/in dafür gefunden. Wir holten wir die beiden alten Ladies im Januar 2017 ins Land der Tiere, damit sie noch ein unbeschwertes Rentnerinnendasein führen konnten. Und das haben sie absolut genossen.

Nach Marthas altersbedingtem Tod wurde Brunhilde merklich ruhiger und seniler, sie alterte zusehends, ohne krank zu sein. Brunhilde folgte Martha nur ein paar Wochen nach deren Tod. Sie starb so, wie es sich die meisten Menschen für sich selbst wünschen: friedlich Zuhause.

Adieu, Brunhilde.

Abschied von Alpha

318 Eier in einem Jahr zu legen, das war ihr Job als Legehenne. Für uns war Alpha kein Produkt, sondern Huhn. Als Alpha uns kam, war sie psychisch und physisch aufgrund der Zucht und der Haltungsbedingungen am Ende ihrer Kräfte, ihr kleiner dürrer Körper zerpickt und fast nackt. Es war so wundervoll zu sehen, wie sie sich erholte, der Stress spürbar von ihr abfiel, und aus der mageren verstörten Henne ein entspanntes, fröhliches, voll befiedertes und unternehmungslustiges Huhn wurde. Ein paar glückliche Monate erlebte sie noch zusammen mit den anderen Hühnern. Mehr als ihr diese Möglichkeit zu bieten und sie den kurzen Rest ihres Lebens zu begleiten konnten wir nicht für sie tun – denn gegen ihre Genetik, die sie dazu verdammt hat, so ziemlich jeden Tag ein Ei zu legen, bis der Körper nicht mehr mitmacht, waren wir machtlos.

Adieu, Alpha.

Ein „Turbohuhn“, ein „genetisch optimiertes Produkt“, das im Gegensatz zu den wilden Vorfahren nicht nur ein Dutzend Eier pro Jahr legt: 318 Eier in einem Jahr zu legen, das war ihr Job als Legehenne.  Eines der angeblich „glücklichen Hühner“, denn Alpha stammte aus einer Freilandhaltung. Wie die meisten „Legehennen“ lebte sie zuvor in einer Haltung mit vielen Tausend Hühnern. Was das für ein Huhn bedeutet, welches natürlicher Weise in einer kleinen stabilen Gruppe mit klarer Sozialstruktur leben würde? Dauerhaft unter enormem sozialem Stress zu stehen, ständig den Aggressionen anderer Hühner ausgesetzt zu sein oder selbst austeilen zu müssen – und unter minimalster „Fürsorge“ ausgebeutet werden, bis das Leben nach kurzer Zeit im Schlachthof endet.