Abschied von Lilli
Wir wissen nicht, wie alt Lilli und ihr Freund Linus waren, als wir sie vor Jahren abgestellt mitsamt Stall vor unserem Einfahrtstor fanden. Nicht mehr jung jedenfalls, und Lilli hatte da schon aufgrund ihres Körperbaus ein paar Probleme mit ihrem langen Rücken und ihrem Gewicht. Aber nicht so, dass es ihr Zusammenleben mit Linus als Freilaufkaninchen im Land der Tiere beeinträchtigt hätte. Die beiden waren immer unterwegs – und gingen auch in den größten Gärten, wo sie lebten, nie verloren, sondern kamen abends auf Zuruf in ihr Nachtquartier gehoppelt. Irgendwann fing es an, dass Lilli abends dem Weg nicht mehr schaffte, wenn sie tagsüber weit unterwegs war. Sie lief zunehmend schlechter und es war absehbar, dass sich ihr Zustand weiter verschlechtern würde
Adieu Moritz
„Nutztiere“, die alt werden, gibt es eigentlich nicht. Wie ist es, wenn doch? Sie bis an ihr natürliches Lebensende leben können? Ihr Alt-Sein unterscheidet sich nicht von dem, welches Menschen kennen und leben, nicht von dem, was wir von Tieren wie Hunden und Katzen kennen, mit denen viele Menschen eng zusammenleben. Wir erkennen „Altersweisheit“ auch bei Hunden, diese alte Gelassenheit, lebenserfahrene Klugheit und Ruhe, jedoch auch Arthrose, altersbedingte Herzschwächen, Organprobleme, Demenz, Schlaganfälle. Sehschwächen, Alterstaubheit, alles. Auch an Schafen geht das Alter nicht spurlos vorüber. Schafe wie Moritz.
Abschied von Rita
Der Trost, der am Ende neben der Trauer bleibt? Dass jemand nach viel Elend als „Nutztier“ noch ein neues Leben haben und eine gute Zeit lang Glück, Liebe, Respekt und Freundschaft erfahren konnte. So wie Rita.
Wenn uralte Wesen wie Rita einziehen, freuen wir uns umso mehr, dass jemand noch ein bestmögliches Leben haben kann, weil die verbleibende Zeit einfach nicht mehr lange sein kann. Traurig, dass Rita schon ein halbes Jahr einsam und alleine leben musste: Sie war die letzte Überlebende einer ehemaligen „Milchschafhaltung“. Rita zog im April 2018 ins Land der Tiere ein – im Alter von ungefähr 20 Jahren. Vielleicht „erst“ 16, vielleicht auch 23. In jedem Fall so uralt, wie kaum ein Schaf wird.
Abschied von Eva
Eva war bis zum Sommer 2016 eines dieser armen „Mastkaninchen“, die millionenfach in kleinen Ställen, Käfigen, Boxen und Verschlägen hinter irgendwelchen Häusern in unser aller Nachbarschaft, fernab aller „Artgerechtigkeit“, leben. Eva konnte gerettet werden – und in ein neues, fast freies Leben durchstarten. Welche Leiden sie zuvor in Einzelhaft in einem kleinen Stall eingesperrt ertragen musste, versteht man vielleicht erst, wenn sich die Stalltüren öffnen und die Kaninchen die Möglichkeit haben zu tun, was sie wollen: Rennen, Springen, im Sand kugeln, frische Gräser wegmümmeln, Buddeln, Verstecken, Sozialkontakte pflegen.
Abschied von Frau Huhn
Sie war ein „Ausnahmehuhn“. Nicht nur, weil sie es in ihrem dreijährigen Leben geschafft hat, 1500 Millionen andere „Mast“hühner zu überleben. Nicht mit ein paar Wochen geschlachtet zu werden wie all die anderen. Sie war das Huhn, was keine anderen Hühner mochte. Sich stattdessen in einen riesigen Puter namens Mika verliebte. Das Huhn, das uns wechselnd glücklich und traurig machte.
Sie glücklich und lebendig zu sehen – und so oft um sie zu bangen, wenn es ihr nicht gut ging und ihr monströser Mastvogelkörper ihr das Leben schwermacht. So oft dachten wir, der Tag sei da, wo ihr Herz-Kreislaufsystem unter ihrer Körpermasse versagen würde. Genauso oft berappelte sie sich wieder.
Das größte Glück, was noch geschah war, dass aus Franziska Mirabelle Huhn, genannt Franzi und Frau Huhn, ein Huhn wurde – ein Huhn, das Hühner mochte! Alle zwischenzeitlichen Versuche, sie mit Hühnern zu vergesellschaften, scheiterten an ihrem Widerstand. Bis sie die Schimanskis kennenlernte. Und ohne Diskussionen Hühnerchefin wurde. Es genoss, die anderen Hühner um sich zu haben.
An ihrem letzten Tag war sie so unglaublich gut drauf, wanderte gefolgt von den 3 überlebenden Schimanskis die Hänge hoch und runter, pickte tiefenentspannt und glücklich im frischen Grün. Umso überraschender für uns kam ihr Tod am folgenden Morgen. So oft hatten wir an ihren letzten Tag gedacht, wenn es ihr schlecht ging. Sie hat es vorgezogen, nach einem wunderbaren, perfekten Tag zu sterben.
Adieu, Frau Huhn.
Abschied von Henriette & Sarah Schimanski
Als die Schimanskis, 5 ältere „Legehennen“, die geschlachtet werden sollten, nach einem schlechten Leben zu uns kamen, war ihr Zustand alles andere als „gut“. Sie kannten bis dahin nichts vom echten Hühnerleben, ihr „Zuhause“ war ein dunkler dreckiger Stall – und Auslauf gab es nicht. Umso froher waren wir, als sie anfingen, draußen herumzulaufen, endlich ein Hühnerleben zu haben, zu tun, was Hühner eben tun wollen. Denen, die aufgrund schwerer Probleme mit ihren Legeorganen blutige, schalenlose Eier legten, konnten wir mit Hormonimplantaten helfen. Sie erst einmal vom tödlichen Eierlegen befreien. Ihnen ein bisschen Lebenszeit retten.
Nur ein paar Monate Zeit konnten wir für Henriette und Sarah herausschinden. Henriettes Kropfentzündung war lange nicht das einzige Problem ihres durch die Eierproduktion ausgelaugten Körpers, so dass der letzte Rettungsversuch sie auch nicht mehr retten konnte. Für Sarah, deren Bauch dick gefüllt war mit kranken zerstörten Legeorganen, konnten wir nicht mehr tun, als sie einschläfern zu lassen. Wir mussten uns innerhalb weniger Tage von den beiden verabschieden.
Nachtrag: Nach 2,5 Jahren im Land der Tiere ist auch Kira, die letzte der Schimanskis, verstorben.
Adieu, ihr lieben Schimanskis.
Der letzte Tag
Als die ersten „Mast“putenküken ins Land der Tiere einzogen, hatten wir noch die verrückte Hoffnung, sie wären in der Lage, ein mehr oder weniger normales Putenleben zu führen. Optimale Versorgung, pingelige Sauberkeit, viel Bewegung, ein fantastisches Leben könnten irgendwie irgendetwas an ihrer genetisch programmierten Lebensunfähigkeit so drehen, dass ihre Lebenserwartung „akzeptabel“ würde. Ein Leben, welches auch rein zeitlich weit über das das Dasein hinausgehen würde, welches Puten in Mastanlagen haben. Und ohne die Probleme, unter welchen die Tiere aufgrund ihres immensen Wachstums leiden. 21 Wochen existieren Putenhähne in den Mastanlagen – sofern sie nicht vorher schon sterben. Zusammengebrochen unter dem eigenen Gewicht…
Mit 21 Wochen, da werden sie üblicher Weise geschlachtet, wiegen die Hähne 21 Kilo. Wenn sie bis dahin überhaupt überlebt haben. Ein Vogel, lange nicht erwachsen, 21 Kilo! Ein etwa 9 Kilo schwerer Brustmuskel, der ihn nach unten zieht und die Gelenke zerstört, bis er nicht mehr stehen kann, „fette Keulen“, die ihn schon in jungem Alter nicht mehr laufen lassen. Dazu Herz-Kreislauf-Probleme, manche fallen einfach tot um, wegen geplatzter Schlagadern.
Wofür?
Putenfleisch…
Adieu Anton
Als wir vor sehr vielen Jahren Anton trafen, gab es noch kein Land der Tiere – aber den Plan, es Realität werden zu lassen. Für Tiere wie Anton, die vergessenen und still leidenden kleinen und großen Tiere, die in Ställen und Käfigen nebenan leiden und einen Ort brauchen, wo sie ein echtes, zufriedenes und glückliches Leben führen können bis zu ihrem natürlichen Tod.
Abschied von Brunhilde
In Frieden und glücklich alt werden. Das ist das, was „Nutztiere“ eigentlich nicht erleben – denn dann nutzen sie ja nicht. Brunhilde hatte das Glück, ihr ganzes langes Leben lang einfach Huhn sein zu dürfen. Und gut behütet sehr alt zu werden. Sie lebte über 8 Jahre zusammen mit ihrer Gefährtin Martha ein gutes Hühnerleben bei einem alten alleinstehenden Herrn. Dass sie irgendwann aufhörten, Eier zu legen, störte ihn nicht – und es war kein Grund für ihn, sie zu schlachten. Leider kam der Tag, wo der alte Herr nicht mehr in der Lage war, sich um sich selbst zu kümmern. Als er in ein Pflegeheim umziehen musste, waren Brunhilde und Martha „übrig“ und allein Zuhause. Die Versorgung der Hühner in ihrem alten Zuhause durch eine weiter entfernt wohnende Verwandte war auf Dauer keine Option. Als sie bei uns anfragte, ob wir die beide alten Hühnerladies aufnehmen könnten, hatte sie kaum Hoffnung, dass wir Ja sagen würden. Die Hühner würden noch keine Eier mehr legen, darum hätte sie bislang auch keine/n Abnehmer/in dafür gefunden. Wir holten wir die beiden alten Ladies im Januar 2017 ins Land der Tiere, damit sie noch ein unbeschwertes Rentnerinnendasein führen konnten. Und das haben sie absolut genossen.
Nach Marthas altersbedingtem Tod wurde Brunhilde merklich ruhiger und seniler, sie alterte zusehends, ohne krank zu sein. Brunhilde folgte Martha nur ein paar Wochen nach deren Tod. Sie starb so, wie es sich die meisten Menschen für sich selbst wünschen: friedlich Zuhause.
Adieu, Brunhilde.
Abschied von Alpha
318 Eier in einem Jahr zu legen, das war ihr Job als Legehenne. Für uns war Alpha kein Produkt, sondern Huhn. Als Alpha uns kam, war sie psychisch und physisch aufgrund der Zucht und der Haltungsbedingungen am Ende ihrer Kräfte, ihr kleiner dürrer Körper zerpickt und fast nackt. Es war so wundervoll zu sehen, wie sie sich erholte, der Stress spürbar von ihr abfiel, und aus der mageren verstörten Henne ein entspanntes, fröhliches, voll befiedertes und unternehmungslustiges Huhn wurde. Ein paar glückliche Monate erlebte sie noch zusammen mit den anderen Hühnern. Mehr als ihr diese Möglichkeit zu bieten und sie den kurzen Rest ihres Lebens zu begleiten konnten wir nicht für sie tun – denn gegen ihre Genetik, die sie dazu verdammt hat, so ziemlich jeden Tag ein Ei zu legen, bis der Körper nicht mehr mitmacht, waren wir machtlos.
Adieu, Alpha.